Ansichten
zu Politik und Recht

Eugen David

Der Bundesrat sucht Wege
aus der bilateralen Sackgasse

Am 9. Dezember 2022 publizierte der Bundesrat einen Bericht unter dem Titel „Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz-EU“. Die Publikation von 50 Seiten wird als Entwurf bezeichnet und soll dem Parlament präsentiert werden. Der Bundesrat will damit elf Aufträge des Parlaments aus den Jahren 2013 bis 2022 erfüllen.

Abbruch der Verhandlungen mit der EU

Ohne Konsultation des Parlaments hatte er am 26. Mai 2021 ein fertig ausgehandeltes institutionelles Abkommen mit der EU abgelehnt.

Gleichzeitig brach er nach sieben Jahren die Verhandlungen mit der EU ab.

SVP-Bundesrat Parmelin begab sich im Auftrag des Bundesrats nach Brüssel und eröffnete die Entscheide der überraschten EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen.

Danach versuchte der Bundesrat den angerichteten Schaden mit finanziellen Mitteln zu mindern. Am 11.08.2021 beantragte er dem Parlament, den blockierten Kohäsionsbeitrag an EU-Mitgliedstaaten ohne Konditionen frei zu geben, was das Parlament am 30.09.2021 auch tat.

Die Hoffnung der Regierung, sie könne damit die bilaterale Zusammenarbeit stabilisieren und die Beteiligung der Schweiz an den EU-Forschungs- und Bildungsprogrammen Horizon und Erasmus ermöglichen, ging nicht in Erfüllung.

FDP-Bundesrat Cassis wollte im Sommer 2021 im Nachgang zum Verhandlungsabbruch einen „Politischen Dialog über die Agenda auf hoher Ebene“ installieren.

Die grossen Anstrengungen der Schweizer Mission in Brüssel entsprechend den Vorgaben des EDA-Chefs die EU-Kommission zu motivieren, blieben ohne Erfolg.

Der erwünschte „strukturierte politische Dialog“ auf Ministerebene hat sich bis heute nicht etabliert.

Konsequenzen des Verhandlungsabbruchs

Konsequenzen des Verhandlungsabbruchs nahm der Bundesrat bisher in Kauf:

  • Keine Gleichwertigkeitsanerkennung des CH-Börsenrecht
  • Wegfall der Handelserleichterungen im Bereich der Medizinprodukte
  • Keine Einbindung der Schweiz ins EU-Marktüberwachungssystem für Medizinprodukte
  • Nichtaktualisierung der Abkommen zum Lebensmittelrecht
  • Keine Ausdehnung des Landwirtschaftsabkommen auf das Lebensmittelrecht
  • Kein grenzüberschreitender Marktzugang für Finanzdienstleister
  • Nichtaktualisierung des Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen
  • Kein Abkommen über die Sicherung der Gasversorgung
  • Kein Abkommen über die Sicherung der Stromversorgung
  • Kein Abkommen über die Bekämpfung grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren
  • Keine Assoziierung im EU-Forschungsprogramm Horizon
  • Keine Assoziierung im EU-Bildungsprogramm Erasmus
  • Keine Einsitznahme in die Leitungsgremien der Europäischen Weltraumorganisation ESA
  • Keine Assoziierung am EU-Satelliten-Navigationsprogramm Galileo
  • Keine Assoziierung am EU-Erdbeobachtungssystem Copernicus
  • Keine Beteiligung am EU-Katastrophenmechanismus (UCPM)
  • Keine Beteiligung an der EU-Digitalstrategie
  • Beendigung der Beteiligung an der europäischen Eisenbahnagentur
  • Ausstehende Gleichwertigkeitsanerkennung der CH-Datenschutzvorschriften
  • Ausstehende Beteiligung am EU-Programm gegen Cyber-Angriffe
  • Ausstehendes Abkommen über Flugpassagierdaten
  • Ausstehende Anpassung des Abkommens zum Emissionshandelssystem (EHS)
  • Ausstehendes Abkommen zum EU-CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)
  • Fortführung Streits betreffend die Diskriminierung von Handwerksbetrieben aus den benachbarten EU-Ländern

Unveränderte Position der EU

Laut Erklärung von EU-Kommissar Sefcovic vom November 2021 hält die EU-Kommission an ihren Begehren fest, nämlich:

  • dynamische Übernahme des von den EU-Organen (EU-Parlament, EU-Rat, EU-Kommission) erlassenen EU-Binnenmarktrechts durch die Schweiz,
  • Überprüfung der schweizerischen Auslegung und Anwendung des EU-Binnenmarktrechts durch den Europäischen Gerichtshof EuGH,
  • Verbindlichkeit des EU-Binnenmarktrechts für die Subventionspraxis von Bund, Kantonen und Gemeinden,
  • Verbindlichkeit des schweizerischen EU-Kohäsionsbeitrags, analog der Regelung der EU mit den EWR-Staaten Norwegen, Island und Lichtenstein.

Auf Ebene der EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen bestand nach dem 26.05.21 kein Gesprächsbedarf mehr.

EU-Kommissar Sefcovic, Vizepräsident der EU-Kommission und Kommissar für Interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau und zuständig für die Abwicklung des Brexit, war von der EU-Kommission als neuer Ansprechpartner des Bundesrates bezeichnet worden.

Ein einziges Mal, im November 2021, hatte FDP-BR Cassis ein Treffen mit Kommissar Sefcovic.

Im Mai 2022 sagte Cassis ein Gespräch mit Sefcovic ab, wofür er in der rechtsnationalen CH-Presse viel Lob erhielt.

„Sondierungsgespräche“

Im Sommer 2022, ein Jahr nach Abbruch der Verhandlungen befasste sich der Bundesrat wieder mit seiner Europapolitik.

Mangels des erwünschten „strukturierte politische Dialogs“ auf Ministerebene beauftragte er am 17.06.2022 Frau Leu, Staatssekretärin EDA, mit „Sondierungsgesprächen“ auf Verwaltungsebene. Sechs Gespräche fanden mit EU-Beamten statt, das letzte am 11.11.2022.

Das Ergebnis ist intransparent. Eine gemeinsame Erklärung beider Seiten blieb aus.

Der Bundesrat teilte der schweizerischen Öffentlichkeit am 09.12.2022 seine Sicht mit. Beide Seiten seien für

  • einen Paketansatz (Konnex von institutionellen und materiellen Abkommen),
  • eine vertikale Verankerung institutioneller Regeln in den einzelnen Abkommen mit Ausnahmeregeln und Schutzklauseln für die Schweiz und kein horizontales institutionelles Abkommen,
  • eine eigenständige Gesetzgebung der Schweiz bei der dynamischen Rechtsübernahme,
  • dauerhaft verbindliche Schweizer-Ausnahmen bei der Personenfreizügigkeit,
  • ein Schiedsgericht,
  • zusätzliche Abkommen (Strom, Lebensmittel, Gesundheit),
  • eine „Verstetigung“ des CH-Kohäsionsbeitrags.

Seitens der EU steht eine Bestätigung der bundesrätlichen Sicht des Ergebnisses aus.

EU-Kommissar Sefcovic zu den „Sondierungsgesprächen“

Im Dezember 2022 erklärte EU-Kommissar Sefcovic im EU-Parlament,

  • die Kompetenzen des Europäischen Gerichtshofs können nicht beschnitten werden,
  • die dynamische Übernahme des EU-Binnenmarktrechts durch die Schweiz und die Gewährleistung einer europakonformen Anwendung des EU-Binnenmarktrechts in der Schweiz haben Priorität,
  • aufgrund der Erfahrungen mit dem Verhandlungsabbruch vom 26.05.21 muss der Gesamtbundesrat vor der Aufnahme von Verhandlungen den Eckpunkten zu allgemeinen institutionellen Regeln schriftlich und verbindlich zustimmen.

Eine Zustimmung des Gesamtbundesrates zu „allgemeinen institutionellen Regeln“ steht aus.

Die Ansichten des Bundesrates und des EU-Kommissar zum Ergebnis der Sondierungsgespräche passen nicht zusammen.

Das bestätigt der Beschluss des Bundesrates vom 23. November 2022: Die Sondierungen werden weitergeführt mit dem Ziel, mit der EU „ein gemeinsames Verständnis“ zu definieren.

Innenpolitische Aktivität

Die Darstellung des Bundesrates in seiner Lagebeurteilung vom 09.12.22 richtet sich primär an die Innenpolitik und die Schweizer Medien, nicht an die EU. Die Regierung versucht den toten Punkt zu überwinden, den sie selbst am 26. Mai 2021 mit dem Abbruch der Verhandlungen gesetzt hat.

Ihre Lagebeurteilung beschloss die Regierung noch in alter Besetzung mit den per 31.12.22 zurückgetretenen Bundesräten Maurer (SVP) und Sommaruga (SP). Sie wurden am 02.12.2022 ersetzt durch SVP-BR Röschti und SP-BR Baume-Schneider. Röschti ist wie Maurer ehemaliger Präsident der rechtsnationalen SVP und Gegner jeder Annäherung der Schweiz an die EU.

In der alten Besetzung sollte nach eineinhalb Jahren Stillstand innenpolitisch noch eine Entwicklung der bundesrätlichen Europapolitik dokumentiert werden.

Handlungsspielraum

Wichtigstes Stichwort der bundesrätlichen Lagebeurteilung ist der „politische Handlungsspielraum der Schweiz“. Diesen gelte es zu erhalten, „weil es sich bei ihm häufig direkt um den politischen Handlungsspielraum der einzelnen Bürgerin und des einzelnen Bürgers handelt.“

Die Begründung überrascht.

Im Bilateralismus gestaltet sich das Verhältnis der Schweiz praktisch ohne Beteiligung der Bürger. In den Abkommen ist das materielle Recht in die Anhänge ausgegliedert. Damit liegt die faktische Gestaltung des Verhältnisses zu 90% in der Hand von Exekutive und Verwaltung und bleibt intransparent.

Der ordentliche Gesetzgeber kommt nur ausnahmsweise zum Zug, die direkte Demokratie noch seltener. Im Bilateralismus wird die Umsetzung der europäischen Gesetzgebung in schweizerisches Recht in die Hand von Exekutive und Verwaltung gelegt. Diesen Handlungsspielraum möchte der Bundesrat behalten.

Die europäischen Gesetze werden gemeinsam vom Europaparlament und vom Europäischen Rat auf Antrag der Europäischen Kommission erlassen. Dass die Schweiz in diesen Gremien nicht vertreten ist, obwohl europäische Gesetze in der Schweiz gelten, erachtet der Bundesrat demokratiepolitisch nicht als nachteilig.

In den Gemischten Ausschüssen präsentieren die EU-Beamten den Schweizer Beamten die EU-Rechtsakte, welche die Schweiz im Bilateralismus zu übernehmen hat. Es ist kein Fall bekannt, in welchem die Schweizer Beamten eine Übernahme abgelehnt hätten.

Würde die Schweiz ablehnen, käme die Guillotine-Klausel des Bilateralismus zum Zug: alle Abkommen würden dahinfallen. Faktisch hat die Schweiz bezüglich der einseitigen Rechtsübernahme keinen Handlungsspielraum.

In den Gemischten Ausschüssen wird auch darüber diskutiert, wie EU-Gesetze für das Gebiet der Schweiz auszulegen und anzuwenden sind. So erachtet die EU die unilateral von der Schweiz zur Abwehr von grenzüberschreitenden Handwerks-Dienstleistungen erlassenen Vorschriften teilweise als diskriminierend im Sinne von Artikel 2 und 5 PFZA. Der Konflikt ist seit 15 Jahren pendent.

Hätte der Bundesrat von sich aus die Diskriminierung rechtzeitig abgebaut, wäre vermutlich die Forderung der EU nach einem institutionellen Rahmenabkommen ausgeblieben.

In den letzten Jahren bevorzugt der Bundesrat in verschiedensten Bereichen ausserhalb der bilateralen Abkommen den autonomen Nachvollzug von EU-Regeln. Letztmals hat er beispielsweise am 21.12.22 entschieden, EU-Regeln betreffend Reduktion des Stromverbrauchs „auf freiwilliger Basis“ zu übernehmen.

Um die einheimischen Rechtsnationalen nicht aufzuscheuchen, betont er bei solchen Aktionen regelmässig die Freiwilligkeit, obwohl faktisch keine Freiwilligkeit besteht. Die Nachteile bei Nichtübernahme wären zu gross.

Unter dem Bilateralismus wird der Handlungsspielraum der Schweiz laufend geringer, ohne dass sie über die europäischen Gesetze im EU-Parlament, im EU-Rat, in der EU-Kommission und im EuGH mitberaten und mitentscheiden könnte.

Wegen der vorherrschenden rechtsnationalen Optik schliesst sich die Schweiz freiwillig aus der gemeinsamen europäischen Gesetzgebung aus, unterwirft sich aber gleichzeitig per bilaterale Abkommen oder durch autonomen Nachvollzug den europäischen Gesetzen.

"Zwei-Pfeiler-Struktur"

Vorteilhaft im Blick auf seinen Handlungsspielraum erachtet der Bundesrat die sog. "Zwei-Pfeiler-Struktur" der Bilateralen Abkommen. „Jede Partei vollzieht die Abkommen in eigener Regie, übergreifende Überwachungs- und Gerichtsbehörden sind nicht vorgesehen. Damit bleibt der politische Handlungsspielraum der Schweiz gut gewahrt.“

Er muss indessen zugestehen, dass diese formale Struktur der Bilateralen Abkommen praktisch irrelevant ist: „Praktisch richtet sich die Schweiz in den vertraglich abgedeckten Bereichen in der Regel jedoch nach den einschlägigen Rechtsentwicklungen in der EU, da es in ihrem Interesse liegt, die Abkommen aktuell und funktionsfähig zu halten.“

Die EU übernimmt nach den Bilateralen Abkommen kein Schweizer Recht, wohl aber die Schweiz EU-Recht. Von den zwei Pfeilern steht der Schweizer Pfeiler im Bilateralismus auf ausgesprochen schwachem Fundament.

Im Bilateralismus ist es Schweizer Unternehmen und Privaten verwehrt, wegen Verletzung des Binnenmarktrechts den EuGH anzurufen. Das kann man als Vorzug betrachten, wie es der Bundesrat tut.

Für die Schweizer Unternehmen und Privaten ist es ein Nachteil: es wird ihnen ein Rechtsweg abgeschnitten, der allen andern Personen, die dem Binnenmarktrecht unterworfen sind, offen steht.

Die Verweigerung des Rechtswegs zum EuGH ist ein Vorteil für die schweizerischen Behörden und Gerichte, die bei Nichtanwendung oder unrichtiger Anwendung des Binnenmarktrechts keine Klage der Betroffenen beim EuGH befürchten müssen.

Hierzulande haben Behörden und Gerichte einen Bias in Richtung Protektionismus, was durch den Bilateralismus gefördert wird. Beispielhaft sind die Diskriminierungen für grenzüberschreitende Dienstleistungen von Handwerksbetrieben.

Eine objektive Beurteilung des Bilateralismus müsste auch die Guillotine-Klausel der Bilateralen Verträge einbeziehen: Würde die Schweiz ein Abkommen kündigen, fiellen alle bilateralen Abkommen dahin.

Erklärte Absicht des Bundesrates ist es, den Bilateralismus rasch weiter auszubauen. Damit erhält die Guillotine-Klausel immer grösseres Gewicht und wird zur eigentlichen bilateralen Fessel der Schweiz.

Die Abhängigkeit im Bilateralismus ist – ungeachtet der formalen Zwei-Pfeiler-Struktur - einseitig: der Schweizer Zugang zum europäischen Binnenmarkt hängt allein vom Goodwill und den Konditionen der EU ab.

Der Schweiz bleibt faktisch als Alternative nur die Option auf den Zutritt zum europäischen Binnenmarkt à la Brexit zu verzichten, was der Bundesrat ablehnt, aber von den einheimischen Rechtsnationalen befürwortet wird.

Wenn nationale Souveränität bezogen auf den Binnenmarkt nur noch in Formalismus besteht, müsste sich die Regierung überlegen, ob die andern 30 europäischen Länder mit dem Kooperationsmodell nicht den besseren Weg für ihre Zukunft auf dem gemeinsamen Kontinent gewählt haben.

Der Bundesrat denkt in seiner Lagebeurteilung nicht darüber nach. Die andern Länder kommen in seiner Lagebeurteilung nicht vor. Er bleibt im bilateralen Formalismus hängen und sieht die Zukunft der Schweiz in einer Aussenseiterrolle in Europa.

"Sektorieller Ansatz", Cherry picking, Brexit

Der Bundesrat meint in seiner Lagebeurteilung, die Schweiz und die EU hätten sich für einen „sektoriellen Ansatz“ entschieden.

Das mag für jene Zeit zutreffen, während der der Bundesrat mit seinem EU-Beitrittsgesuch vom 20. Mai 1992 den EU-Beitritt als Ziel seiner Europapolitik betrachtete. Deswegen hatte sich die EU in den neunziger Jahren auf den Bilateralismus mit „sektoriellem Ansatz“. eingelassen.

Ab 2002/2003, nach dem Eintritt der Bundesräte Blocher (SVP), Merz (FdP) und Calmy-Rey (SP) in die Regierung, stand die Beitrittsoption nicht mehr zur Diskussion.

Formell zog FdP-BR Schneider am 27. Juli 2016 das Beitrittsgesuch zurück, nachdem das Parlament am 15.Juni 2016 einem entsprechenden Antrag der einheimischen Rechtsnationalen zugestimmt hatte.

In der heutigen personellen Zusammensetzung des Bundesrats ist die Beitrittsoption ausgeschlossen. Soweit die derzeitige Regierung meint, die EU befürworte trotzdem ihren „sektoriellen Ansatz“, irrt sie.

Der Europäische Rat stellt 2010 fest “the approach taken by Switzerland to participate in EU policies and programmes through sectoral agreements in more and more areas in the absence of any horizontal institutional framework, has reached its limits and needs to be reconsidered.”

Seit dem Brexit vom 23. Juni 2016 betrachtet die EU den Bilateralismus in Form von cherry-picking definitiv nicht mehr als akzeptable Form der Partizipation am europäischen Binnenmarkt.

Für die britischen Tories, die Grossbritannien in den Brexit geführt haben, ist eine Stellung des Landes im Verhältnis zur EU als „rule taker“ im Sinne des schweizerischen Bilateralismus von vorneherein ausgeschlossen. Sie widerspricht diametral ihrer Brexit-Parole „take back control“.

Die EU hat ihre Vorstellungen in den Post-Brexit-Verhandlungen bestätigt:

  1. Die Grundfreiheiten des Binnenmarktes – freier Verkehr für Menschen, Güter und Kapital – sind untrennbar miteinander verknüpft.
  2. Es gibt keine selektive Beteiligung für Grossbritannien im europäischen Binnenmarkt.
  3. Die EU behält ihre alleinige Gesetzgebungskompetenz im europäischen Binnenmarkt, was alle Drittländer – auch Grossbritannien - beim Zutritt zum Binnenmarkt respektieren müssen.

Der Bundesrat stellt in seiner Lagebeurteilung eine „Verhärtung der Positionen auf Seiten der EU“ nach dem Brexit fest, ist jedoch der Ansicht, er könne für die Schweiz Konditionen durchsetzen, welche die EU Grossbritannien verweigert hat.

Er verzichtet auf eine Analyse der Post-Brexit-Verhandlungen und der seitherigen Entwicklung in Grossbritannien. Die Mängel seiner Lagebeurteilung würden sichtbar.

Schengen

Das Schengen-Abkommen sieht seit 15 Jahren die dynamische Übernahme von EU-Recht durch die Schweiz vor. Bundesrat und Verwaltung haben in grossem Umfang europäisches Polizeirecht in Schweizer Recht umgesetzt. Der Rechtsbestand hat sich progressiv erweitert.

Die Schweiz ist am Erlass des europäischen Schengen-Polizeirechts nicht beteiligt. Trotzdem gilt das Recht in der Schweiz. Der Bundesrat sieht darin kein Problem. Wichtig ist ihm, dass in der Schweiz die Exekutive für die Implementierung sorgt. „Grundsätzlich erfolgt die Aufnahme neuer EU-Rechtsakte in Abkommen zwischen der Schweiz und der EU durch einen Beschluss des Gemischten Ausschusses des entsprechenden Abkommens.“

In den EU-Ländern sind nicht die Exekutiven, sondern die Parlamente für die Umsetzung des europäischen Rechts in nationales Recht zuständig.

Und die nationalen Parlamente sind seit dem Lissabon-Vertrag formell in den europäischen Rechtsetzungsprozess einbezogen. Das Schweizer Parlament ist an der europäischen Rechtsetzung in keiner Weise beteiligt, geschweige denn die direkte Demokratie.

Die dynamische Rechtsübernahme, die der Bundesrat grundsätzlich als negativ für den CH-Handlungsspielraum bewertet, beurteilt er im Polizeirecht positiv. „Der Schengen-Raum ist ein evolutives, auf Weiterentwicklung angelegtes System, das eines ebenso hohen Masses an Rechtssicherheit und einheitlicher Standards bei allen Mitgliedstaaten bedarf. Eine dynamische Rechtsübernahme für alle (auch assoziierte) Staaten ist hierfür zielführend.“

Die Bedeutung der Homogenität des Rechts gilt selbstverständlich auch für das europäische Binnenmarktsystem. Dort aber bewertet der Bundesrat die Homogenität negativ für den Handlungsspielraum. Im Binnenmarkt will sich der Bundesrat, anders als im Polizeirecht, nicht an die gemeinsamen Binnenmarkt-Regeln halten, sondern Auslegung und Anwendung der nationalen Kompetenz vorbehalten.

Solche Widersprüche machen stutzig, zumal das Polizeirecht üblicherweise als Kernbereich der Souveränität betrachtet wird.

"Lohnschutz"

Der Bundesrat spricht nicht mehr von flankierenden Massnahmen, sondern übernimmt die Terminologie der Gewerkschaften und spricht neu vom sog. „Lohnschutz“, ohne zu erklären, was er damit meint.

„Lohnschutz“ war laut Bundesrat Grund für den Abbruch der Verhandlungen mit der EU. Er legt indessen nicht offen, wo das Problem liegt.

Die flankierenden Massnahmen sehen vor, dass ein Handwerksbetrieb aus einem EU-Nachbarland acht Tage vor Ausführung eines Auftrags bei einer kantonalen Amtsstelle Meldungen machen muss:

  • Namen, Vornamen, Staatsangehörigkeit, Geschlecht, Geburtsdaten, Bruttostundenlohn und Funktion seiner Arbeitnehmer,
  • Datum, Ort, Art und Dauer der Arbeiten in der Schweiz.

Ausserdem hat der Betrieb eine Kaution zu leisten.

Am schweizerischen Arbeitsort des EU-Handwerksbetriebs werden Kontrolleure der schweizerischen Gewerkschaften und Gewerbeverbände erscheinen. Der Staat informiert diese über Anwesenheit eines EU-Konkurrenten im Land.

Seit 15 Jahren macht die EU geltend, diese Vorschriften verletzten das Diskriminierungsverbot des Personenfreizügigkeitsabkommens. Der Bundesrat bestreitet das.

Der Konflikt ist ungelöst. Er war und ist eine Hauptursache der Forderung der EU nach einem institutionellen Abkommen. In seiner Lagebeurteilung verzichtet der Bundesrat darauf, den Konflikt aufzuarbeiten.

Die Kontrolle der Löhne, der Lohnzuschläge, der Ruhetage, des Ferienlohns, der Lohnfortzahlung der EU-Handwerksbetriebe hat der Bund per Gesetz den Gewerkschaften, den Gewerbeverbänden und den Kantonen übergeben.

Bund und Kantone entschädigen die Kontrollorganisation mit über 20 Mio. CHF p.a. Eine einzelne Kontrolle wird idR mit 650 CHF entschädigt.

Das Kontrollsystem und dessen Überwachung durch das SECO sind intransparent. Für Gewerkschaften und Gewerbeverbände sind die öffentlichen Kontrollgelder eine wichtige Einnahmequelle, die sie nicht verlieren wollen. Darum geht es primär beim sog. „Lohnschutz“.

Unter einem institutionellen Abkommen, könnte der EuGH das finanziell ergiebige System in Frage stellen. Der Gesetzesvollzug ist nach rechtsstaatlichen Kriterien keine Angelegenheit privater Interessenverbände der Konkurrenten, sondern eine öffentliche Aufgabe, die von öffentlichen Organen unparteiisch und unabhängig ausgeführt werden sollte.

Die Übergabe des Gesetzesvollzugs an private Vereine, deren Mitglieder Konkurrenten der EU-Handwerksbetriebe sind, ist rechtsstaatlich zweifelhaft. Es liegt auf der Hand, dass schweizerische Gewerbebetriebe Konkurrenten mit günstigere Offerten aus den Nachbarländern nicht schätzen. Private Interessenverbände sind weder unabhängig noch unparteiisch.

Die Gewerkschaftsführer befürchten zu Recht, sie könnten mit dem CH-Kontrollsystem beim EuGH auflaufen. Um das zu vermeiden, folgen sie den Vorgaben der Rechtsnationalen und lehnen den EuGH als Instanz für die Anwendung des europäischen Binnenmarktrechts in der Schweiz ab.

Der Bundesrat vertritt gegenüber der EU die Interessen der beiden privaten Verbände. Ungeachtet der rechtsstaatlichen Problematik verlangt er von der EU dauerhafte Ausnahmebestimmungen für das aktuelle private Kontrollsystem. Die Interessenverbände beharren auf ihren Befugnissen im Gesetzesvollzug. Der Bundesrat ist zu schwach, um ihnen entgegenzutreten. Die SP folgt den Forderungen der Gewerkschaften.

In den „Sondierungsgesprächen“ konnte der Bundesrat die Sonderinteressen von Gewerkschaften und Gewerbeverbänden bisher nicht durchsetzen.

Selbst wenn die EU-Kommission den Forderungen der Interessenverbände nachgibt, bleibt offen, ob EU-Parlament und EuGH mitmachen und ein rechtsstaatlich fragwürdiges Präjudiz akzeptieren.

"Keine Zuwanderung in die Sozialhilfe"

Der Bundesrat teilt in seiner Lagebeurteilung mit, „Keine Zuwanderung in die Sozialhilfe“ sei – neben dem sog. „Lohnschutz“ - eines seiner übergeordneten Ziele.

Auch hier erklärt er nicht, wo das Problem liegt.

„Zuwanderung in die Sozialhilfe“ ist seit vielen Jahren ein politischer Kampfbegriff der einheimischen Rechtsnationalen. Der Bundesrat übernimmt das Wording ohne Begründung.

Sozialhilfe nach schweizerischer Praxis ist eine beitragsunabhängige staatliche Leistung, die sich nach dem Existenzminimum bemisst. Das Existenzminimum wird in Richtlinien der Sozialämter definiert.

Sofern nicht besondere Gründe vorliegen, führt der Bezug von Sozialhilfe durch Ausländer, auch durch EU-Bürger, ab einem gewissen Betrag zu deren Wegweisung aus der Schweiz.

In der EU sind im Rahmen der Personenfreizügigkeit Bestrebungen im Gang, auf die Wegweisung aus einem Mitgliedstaat bei Bezug von Sozialhilfe zu verzichten, sofern die betroffene Person vorgängig in diesem Mitgliedstaat mehrere Jahre erwerbstätig war und Sozialversicherungsbeiträge geleistet hat. Zu diesem Zweck soll die EU-Unionsbürgerrichtlinie angepasst werden.

Rechtsnationale Kreise verlangen, dass in einem EU-Abkommen für alle Zukunft die Übernahme einer solchen (noch nicht existierenden) EU-Regelung ausgeschlossen wird.

Der Bundesrat hat sich das Anliegen unter dem Titel „Keine Zuwanderung in die Sozialhilfe“ als „übergeordnetes Ziel“ zu eigen gemacht, obwohl die finanziellen Auswirkungen der Regelung bescheiden wären und Gegenrecht für Schweizer in EU-Ländern gegeben wäre.

Die bundesrätliche Europapolitik folgt seit 2017/18 mit der neuen SVP/FDP-Mehrheit rechtsnationalen Vorstellungen.

Wie beim sog. „Lohnschutz“ ist der Bundesrat der Ansicht, es gehe um „essentielle Anliegen der Schweiz“ von „hoher innenpolitischer Relevanz“. Die EU müsse der Schweiz daher präzis modulierte Ausnahmeregeln und Schutzklauseln zugestehen.

Aus der Lagebeurteilung ist zu schliessen, dass in den „Sondierungsgesprächen“ bisher kein Ergebnis resultierte.

Beihilfen und „level playing field“

Die EU verlangt von allen 31, am europäischen Binnenmarkt beteiligten Ländern, auch von der Schweiz, die Übernahme der EU-Beihilfe-Regeln.

Beihilfen sind Subventionen, Steuerprivilegien, Gratis-Grundstücke und andere Vergünstigungen, die Staaten Unternehmen gewähren, damit sie im Land eine Produktions- oder Dienstleistungsfirma eröffnen.

In der Schweiz sind Beihilfen, insbesondere Steuerprivilegien, ein beliebtes Marketinginstrument der Standortförderer der Kantone. Die Kantone wollen darauf nicht verzichten und lehnen daher eine Übernahme des EU-Rechts ab.

Die EU erachtet ein „level playing field“, d.h. gleiche Beihilfe-Konditionen im Binnenmarkt, als unverzichtbar für das Funktionieren des europäischen Binnenmarkts.

Der Bundesrat will nur selektiv in wenigen Abkommen gleiche staatliche Wettbewerbskonditionen anerkennen, so im Abkommen über der Luftverkehr und in einem künftigen Stromabkommen. In andern Bereichen erscheine ein „level playing field“ aus Sicht der Schweiz nicht relevant.

Die Kantone sollen auch in Fällen, wo europäisches Binnenmarktrecht das nicht gestattet, die Kompetenz behalten, nach Gutdünken zuziehenden Unternehmen Privilegien zu gewähren.

Obwohl der Bundesrat feststellt, für die EU seien die Integrität des Binnenmarkts und die Garantie eines «level playing field» Bedingungen sine qua non, die für alle Drittstaatenbeziehungen gelten müssen, ist er der Ansicht, die EU werde der Schweiz dauerhaft verbindlich Ausnahmen gewähren, die sie sonst keinem Mitgliedsland zubilligt.

Generell stellt sich der Bundesrat auf den Standpunkt, die Schweiz könne im Bereich ihrer Beteiligung am Binnenmarkt Ausnahmen in Anspruch nehmen, die keinem Mitgliedsland zustehen. Wie die Abwicklung des Brexit gezeigt hat, lehnt die EU jede Besserstellung von Nicht-Mitgliedländer im Binnenmarkt konsequent ab.

Aus der Lagebeurteilung ist nicht ersichtlich, dass der Bundesrat mit seiner Ansicht in den „Sondierungsgesprächen“ Erfolg gehabt hätte.

"Aussenpolitische Machbarkeit“

Ausführlich widmet sich der Bundesrat dem Stichwort „aussenpolitische Machbarkeit“. Das ist neu.

Seit zwanzig Jahren bewegt sich die bundesrätliche Europapolitik vorwiegend in den fundamentalistischen Bahnen des rechtsnationalen Weltbildes.

Danach muss die EU die Enklave Schweiz als souveränen Sonderfall akzeptieren und ihr per Vertrag und nach ihren unilateralen Vorstellungen den selektiven Zugang zum europäischen Binnenmarkt gewähren.

Diese Optik wurzelt in den Zugeständnissen der EU in den neunziger Jahren mit den Bilateralen Verträgen I.

Grund des damaligen Goodwills der EU-Organe war das deklarierte Ziel des Bundesrates ab 1992, mittelfristig für die Schweiz die Option EU-Mitgliedschaft zu wählen. Dieses Ziel ist ab der personellen Neubesetzung des Bundesrates 2002/03 weggefallen und damit auch der Goodwill der EU.

Die Thematisierung der „aussenpolitischen Machbarkeit“ spiegelt die wachsende Erkenntnis von Regierung und Bundesverwaltung, dass die rechtsnationale Ideologie die Schweiz in eine Sackgasse geführt hat.

Dementsprechend stellt der Bundesrat in seiner Lagebeurteilung fest:
  • „Die aussenpolitische Machbarkeit ist aber gerade zum grossen Unsicherheitsfaktor des bilateralen Wegs geworden.“
  • „Allerdings besitzt der bilaterale Weg gegenwärtig eine entscheidende Schwäche. Seine aussenpolitische Machbarkeit ist fraglich geworden.“
  • „Ohne Lösung dieser Fragen [dynamischen Rechtsübernahme, Streitbeilegung, staatliche Beihilfen, Kohäsionsbeitrag] würde das gemeinsam erreichte Integrationsniveau stückweise zurückgebaut.“

Dennoch beharrt er auf dem Standpunkt, die EU müsse der Schweiz als Drittstaat per Vertrag im Binnenmarkt bilateral mehr Rechte und weniger Pflichten zugestehen als den EU-Mitgliedländern und den EWR-Ländern.

Insbesondere will er weiterhin auf dem Gebiet der Schweiz nur unilateral selektiv, ohne Einfluss der EU-Gremien Binnenmarktregeln anwenden und einen deutlich geringeren Kohäsionsbeitrag bezahlen als das EWR-Land Norwegen.

Er meint, die EU müsse guten Willen zeigen und mit der Schweiz pragmatische Lösungen suchen. Eine ziemlich hilflose Erwartung, nachdem er durch den Verhandlungsabbruch vom 26. Mai 2021 den Goodwill der EU-Gremien nachhaltig beschädigt hat. Und dasselbe im Ukrainekrieg wiederholt: er verbietet den EU-Ländern, der Ukraine zur Verteidigung Waffen zu liefern, die Schweizer Bestandteile enthalten.

Die EU erwartet vom Gesamtbundesrat schriftlich konkrete und verbindliche Lösungsvorschläge zu den Themen dynamische Rechtsübernahme, Streitbeilegung, staatliche Beihilfen, Kohäsionsbeitrag. Solche Vorschläge stehen aus, innen- und aussenpolitisch.

Der Bundesrat konzentriert seine Aktivitäten auf Sonderinteressen einzelner Anspruchsgruppen

  • der Gewerkschaften : sog. „Lohnschutz“,
  • der einheimischen Rechtsnationalen : „Sozialhilfe“ und
  • der kantonalen Regierungen : Subventionen.

Er erklärt diese nebensächlichen Gruppeninteressen zu „essentiellen“ und „übergeordneten Interessen“ der Schweiz. Damit verbaut er sich selbst einen baldigen Ausweg aus der verfahrenen Lage.

Kein Weg aus der bilateralen Sackgasse

Der Bundesrat kommt in seiner Lagebeurteilung, Stand 9. Dezember 2022, zu folgendem Schluss:

„Der bilaterale Weg weist von allen Optionen das ausgewogenste Verhältnis von konkretem, namentlich wirtschaftlichem Nutzen und politischem Gestaltungsspielraum auf.“ Der Bundesrat „will den bilateralen Weg zwischen der Schweiz und der EU konsolidieren, weiterentwickeln und auf lange Sicht wahren.“

Er meint aber: „Das wird nicht gehen, ohne dass die Schweiz auf Anliegen der EU eingeht.“

Inwiefern der Bundesrat auf die Anliegen der EU eingehen will, teilt er der Öffentlichkeit nicht mit. Und er verzichtet auf eine Bewertung der Option „Bilateralismus“ unter den institutionellen Rahmenbedingungen, welche die EU von der Schweiz erwartet.

Immerhin bezeichnet er den Bilateralismus nicht mehr als „Königsweg der Schweiz“, wie in früheren Verlautbarungen.

Erstmals stellt er fest: „Ohne Aktualisierung der bestehenden Binnenmarktabkommen, ohne Erneuerung der EU-Programmbeteiligungen für die Schweiz und ohne Möglichkeit, neue Abkommen zu schliessen, wird der bilaterale Weg aber zunehmend geschwächt. Es besteht das Risiko, dass er den Interessen der Schweiz mittelfristig nicht mehr gerecht wird.“

„Mittelfristig“ bedeutet: der Bundesrat gibt sich Zeit aus der bilateralen Sackgasse herauszukommen. Jedenfalls will er vor den Bundesratswahlen 2023 weder die einheimischen Rechtsnationalen, noch die Gewerkschaften, noch die kantonalen Regierungen verärgern.

Gründe der Stagnation

Mögliche Gründe der jahrelangen Stagnation in der bundesrätlichen Europapolitik sind:

  1. Die SVP/FdP-Mehrheit des Bundesrates lehnt die EU als multilaterale Organisation mit eigenen Organen und europäischer Gesetzgebung ab.
    Das Konzept „rule of law“ ist für sie kein Zukunftsmodell einer friedlichen Zusammenarbeit in Europa im Interesse der Europäer, unter Einschluss der Schweizerinnen und Schweizer.

  2. Der Bundesrat weicht in seiner personellen Zusammensetzung seit 2017/2018 jeder Auseinandersetzung mit den einheimischen Rechtsnationalen aus.
    Deren anti-europäische Weltanschauung bleibt wegen der bundesrätlichen SVP/FdP-Koalition mehrheitsfähig.
  3. Dem Bundesrat fehlen Kraft, Wille und parlamentarische Unterstützung, um die Sonderinteressen der privaten Interessenverbände im Bereich der flankierenden Massnahmen in Schranken zu weisen.
  4. Das Land kann noch viele Jahre mit den Nachteilen eines retardierenden Bilateralismus leben, denken mehrheitlich Bundesrat und Parteien.
  5. Grössere Teile von Politik, Diplomatie und Verwaltung glauben, die Schweiz müsse als europäischer Aussenseiter mit ihrer Neutralitätsdefinition eine aussenpolitische Rolle auf der Weltbühne spielen.
  6. Die Wirtschaftselite am Finanzplatz meint, eine weitere Integration der Schweiz in die EU würde dem hiesigen Finanz- und Businessplatz schaden und dessen Anziehungskraft auf Oligarchen, namentlich aus den BRICS-Ländern, dem Nahen Osten und Afrika, schmälern.

05.01.2023

zur Publikation als PDF